PRALLVOLLE STARTERFELDER UND TOLLE ATMOSPHÄRE IM MOTODROM
- Gut ein Dutzend historische Rennserien begeistern mit großartigen Rennfahrzeu-gen – und vollen Starterfeldern
- DTM-Star Timo Glock fährt seinen 2008er Formel-1-Toyota – und ist beeindruckt: „Sehr emotionale Runden“
- Jim-Clark-Ausstellung, Porsche-917-Jubiläum, Design Award im Rahmenprogramm
Es war eines der Zuschauer-Highlights einer an Höhepunkten reichen Veranstaltung: DTM-Star Timo Glock in „seinem“ 2008er Formel-1-Toyota auf dem Grand-Prix-Kurs. 20 Minuten lang am Samstag und Sonntag – und nicht eben langsam. „Die ersten Runden“, sagte der 37-jährige Hesse ergriffen, „waren sehr emotional.“ Der 900 PS starke V8-Bolide des FNT-Teams wirkte brandaktuell im Umfeld der Bosch Hockenheim Historic, bei der sich vom 26. bis 28. April um die 450 historische Rennfahrzeuge einfanden – wahlweise zu beinharten Tür-an-Tür-Duellen, rücksichtsvollem Racing oder Schaulaufen. Das Gros der Rennserien begeisterte mit prallvollen Starterfeldern. Etwa 18.000 Zuschauer trotzten der Kälte und Regenschauern – und freuten sich am Motorsport und der Mög-lichkeit, Autos und Fahrern so nahe zu kommen wie sonst nirgends. Timo Glock war ext-rem beeindruckt: „Das ist hier eine schöne und entspannte Veranstaltung, auch weil alles so offen ist.“
Glock war nicht der einzige große Name beim diesjährigen Jim Clark Revival. Zu der offi-ziellen Autogrammstunde gesellten sich: Ellen Lohr, die als einzige Frau ein DTM-Rennen gewinnen konnte, Touren- und Sportwagen-Oldie Harald „Nippel“ Grohs, der dreimalige Le-Mans-Gesamtsieger Marco Werner, der GT1-Weltmeister Michael Bartels sowie Ex-Formel-1-Fahrer Jochen Mass. Während Lohr und Grohs vor allem am Zelt von Serien-sponsor Allianz mit Gesprächsrunden, Autogramm-Marathon und Fachsimpeln mit Fans aktiv waren, hetzte etwa Werner von Start zu Start. Der 53-Jährige war in drei verschiedenen Rennserien engagiert.
Historische Formel 2 – Erinnerung an goldene Ära und Unfall von Jim Clark
Die Historische Formel 2 befindet sich seit einigen Jahren im Aufschwung. Dass nun auch nationale Gaststarter zugelassen sind, hat dies beschleunigt. Die Markenvielfalt der Vergangenheit spiegelte sich am Wochenende im knapp 30 Fahrzeuge starken Feld, mit Chevron, Ralt, March, Rondel, Brabham und Lotus – und erinnerte so an die goldene Ära des Formel-1-Sprungbretts ebenso wie an den tragischen Unfalltod Jim Clarks. Der zwei-fache F1-Weltmeister und Superstar kam vor 51 Jahren bei einem F2-Rennen auf der Waldgeraden in Hockenheim ums Leben. Als Sieger wurden im ersten F2-Lauf Martin O’Connell (Chevron B40) gefeiert, im zweiten Thomas Amweg (Ralt RT1).
Hochspannung und Duelle am laufenden Band bot die FIA Lurani Trophy den Zuschauern. In der 1958 ins Leben gerufenen Nachwuchsserie für preisgünstige Mini-Monopostos gab es deutlich mehr Interessenten als Startplätze! Marco Werner versemmelte im Lotus 22 als Qualifying-Zweiter den Start des ersten Laufs, pflügte von hinten durchs Feld und wurde Achter. Mit 0,449 Sekunden Vorsprung gewann Bruno Weibel im Lotus 22 vor Marc Shaw (Brabham BT6), dem Dritten Manfredo Rossi Di Montelera fehlten im Lotus 22 auch nur 1,276 Sekunden auf den Sieg. Ähnliche Reihenfolge und Abstände im zweiten Lauf, diesmal Weibel vor Rossi Di Montelera und Shaw.
Rennautos ohne Dach aus ehemaligen Nachwuchsserien, Fights um jede Zehntelsekunde im engen Feld – das sind die Grundpfeiler der Historic Racecar Association, eine der äl-testen historischen Rennserien überhaupt. Den ersten Lauf gegen mehr als 30 Konkurrenten entschied der Franzose Frederic Rouvier im Martini MK34 für sich, mit dem denkbar knappen Vorsprung von 0,6 Sekunden auf seinen Landsmann David Caussanel im Brabham BT41 Ford. Auch am Sonntag gewann Rouvier, diesmal hatte er mit 1,022 Sekunden Rückstand Thomas Weidel (Ralt RT3/84 VW-Brabham-Judd) im Nacken und mit 1,9 Sekunden Caussanel.
Gerstl in BOSS GP konkurrenzlos, Le-Mans-Sieger Werner gewinnt CanAm
Die BOSS-GP-Serie (Big Open Single Seater) war zumindest an der Spitze praktisch schon am Start entschieden. Nach dem Ausfall der stärksten Rivalen (Motorproblem am Benetton-F1 von Phil Stratford,Unfall des zweiten Benetton) fuhr Rekordmeister Ingo Gerstl in seinem Zehnzylinder-Toro-Rosso in beiden Rennläufen ungefährdet als Erster ins Ziel. Dahinter ging’s in einer Horde von GP2-Monopostos allerdings ordentlich zur Sache. Als Zweiter und Dritter umrahmten jeweils Andreas Fiedler und Alessandro Bracalente den siegreichen Gerstl auf dem Podest. Doppelsieg auch beim CanAm-Cup, der erstmals gemeinsam mit der neu hinzugekommenen Serie „FHR 100 Meilen Trophy“ ausgetragen wurde. Le-Mans-Sieger Marco Werner wurde im McLaren-Trojan-M8-F mit 8,1-Liter-Motor erwartungsgemäß als Sieger beider Rennläufe gewertet – im zweiten fehlten Verfolger Felix Haas im Lola T294 allerdings nur 0,9 Sekunden! „Ich bin den CanAm-McLaren zum ersten Mal gefahren“, sagte Werner aufgeräumt. Sein Fazit: „Leistung ohne Ende, extrem anspruchsvoll und schwer zu fahren.“ Haas wurde zweimal Zweiter, Wolfgang Henseler (Lola T210) komplettierte das Podium jeweils als Dritter.
Präsentationen vom Raceclub Germany und Maserati, großer Tourenwagen-Spaß
Traditionspartner in Hockenheim und stets umringt von Besuchern: der Raceclub Germany mit allerlei Preziosen, etwa Michael Schumachers Formel-1-Ferrari von 1997 oder ei-nem Talbot Lago T26C aus der Vor-Formel-1-Zeit. Aus Rücksicht auf den Werterhalt wird in gemächlicher Gangart gefahren. Das Team FNT hatte neben Glock und seinem Renner noch ein weiteres Ass im Ärmel: den ehemaligen F1-Toyota von Ralf Schumacher aus dem Jahr 2005. GT1-Sportwagen-Weltmeister Michael Bartels, Organisator der Maserati Passionata, versammelte fünf von lediglich zwölf weltweit existierenden Maserati MC12 in Rennversion in der Maserati-Box, einen davon präsentierte er auf dem Grand-Prix-Kurs.
Einen Mega-Boom erlebt die Youngtimer Touring Car Challenge, die vom Niederländer Randall Lawson organisiert wird. Wegen des gewaltigen Andrangs wurde das Feld in zwei Startgruppen aufgeteilt: die eine ist die etwas schnellere, die andere die etwas langsamere. Drei Rennen à 20 Minuten durften beide fahren, was die Zuschauer goutierten, denn bei über 40 bunt gemischten GT- und Tourenwagen kommt keine Langeweile auf. Einzigartig ist die Philosophie: „Smile – it makes you faster“ (etwa: Lächeln macht Dich schneller). Wer sich auf der Rennstrecke rüpelhaft verhält, wird ermahnt und im Wieder-holungsfall ausgeschlossen. Das heißt aber nicht, dass man die Rivalen vorbeiwinkt! Die Truppe erscheint wie eine Riesenfamilie – und tatsächlich sind auch Väter, Söhne und Töchter am Start. Einen Meister gibt’s nicht, aber Sieger: etwa die 22-jährige Tijn Jilesen, die im Porsche 944 einmal Dritte wurde und zwei Rennen gewann. Papa Tjarco verpasste das Podium!
Lotus Cup, Gentle Drivers Trophy und Triumph Competition – bunte Mischung
International besetzt, bunt gemischt und traditionell in Hockenheim am Start ist der Lotus Cup Europe. Auch er ist mit Jim Clark verknüpft, denn es war der Schotte, der den guten Ruf der Marke kreierte. Rennen eins gewann der Belgier John Rasse im Exige V6 Cup R, den zweiten Sieg sicherte sich der Ungar Bence Balogh im Evora GT4. Vertrauter Anblick auch bei der „Triumph Competition & British HTGT“ mit den wunderschönen Vertretern britischer Automobilkunst. Premiere feierte dagegen „A Gentle Drivers Trophy“ mit GT-Fahrzeugen und Tourenwagen der Periode bis 1965. Zum Hinknien schön: diverse Lotus (etwa Cortina), zwei Porsche 356, eine Alfa Romeo Giulia und ein Mercedes-Benz 300SL Coupé. Man fährt schnell, aber durchaus rücksichtsvoll.
Jim-Clark-Ausstellung, Design Award, 917er-Jubiläum im Rahmenprogramm
Traditionell zog auch das Rahmenprogramm die Besucher in den Bann, etwa mit der in jedem Jahr mit Herzblut gestalteten Jim-Clark-Ausstellung im Kongress-Pavillon. Absoluter Hingucker 2019: der Lotus 59 in Golden-Leaf-Farben. Wie die großartige Ausstellung ist auch die Verleihung des Design Awards fester Programmpunkt der BHH. Innovation und Ästhetik sind die zentralen Kriterien. Professor James Kelly wählt die Sieger gemeinsam mit den internationalen Masterstudenten des Studienganges Transportation Design der Hochschule Pforzheim aus. Zum besten Sportprototypen wurde der Porsche 917 Baujahr 1970 gekürt, zum besten Monoposto der Talbot Lago T26C, die Tourenwa-gen-Kategorie gewann der De Tomaso Magusta.
Der 917er-Porsche von 1970 war aus Anlass des 50. Geburtstags dieser legendären und extrem erfolgreichen Prototypenreihe im Fahrerlager ausgestellt. Er zählt zur ersten 917er- Generation, wirkt elegant und verfügt über 540 PS. Neben ihm faszinierte die Besucher ein roter 917, ein herausragendes Exemplar der letzten Generation. Schon die Optik sagt im Grunde alles: Der Rote ist ein wuchtiger Macho, unter der Carbonkarosse arbeiten satte 1.200 Turbo-PS. Damit dominierten die Zuffenhausener die Interserie – für die der Hockenheimring steht wie keine andere Rennstrecke.
Das Markenclubareal mit ungezählten Liebhaberfahrzeugen und die Devotionalienstände auf dem Boxendach rundeten die Bosch Hockenheim Historic 2019 ab.
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